Konzeption

Die Konzeption der Wohnheim-Betreuung ist auf die in der Individuellen Hilfeplanung festgestellten Bedürfnisse des Bewohners abgestimmt. 

In Tages-, Wochen- und Monatsgesprächen werden Maßnahmen der fachlichen Unterstützung und die eigene Mitwirkung des Bewohners weiterentwickelt. 

Dieser Dialog erfordert in unseren sozialpsychiatrisch orientiert arbeitenden Wohnheimen die individuell abgestimmte Auseinandersetzung des Bewohners mit den Auswirkungen seiner ihn beeinträchtigenden psychischen Symptomatik (im Sinne der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit/ICF) auf alle vorhandenen Lebensbezüge:
 
Wohnen, Tagesstruktur, Arbeit und Beschäftigung, soziale Beziehungen und Freizeit

In den Johanneshäusern werden die Entwicklungswünsche des möglichen zukünftigen Bewohners bereits bei der Kontaktaufnahme erörtert. Durch gezielte Beratung soll vorhandenes Potenzial identifiziert und gestärkt werden. 

In dem inzwischen auch in der sozialpsychiatrischen Theorie fachlich integrierten Selbstverständnis genesener Betroffener spiegeln sich die Begriffe „Empowerment“ (Selbstbefähigung) und „Recovery“ (Ressourcen erneut erschließen) wider. Dies sind keineswegs neue Therapiekonzepte der Psychiatrie, sondern von genesenen Psychiatrie-Erfahrenen und Fachkräften geforderte „Haltungen“. 

Diese Haltungen stehen im Vordergrund unserer fachlichen Bemühungen und werden vor allem im Dialog mit den Bewohnern und optionaler wissenschaftlicher Begleitung, beispielsweise seitens der Fachhochschulen, ständig weiter ausformuliert. 

Wünsche und Interessen der Bewohner werden ernst genommen und durch den Bewohner-Beirat vertreten, der jedes Jahr neu gewählt wird. Mitsprache und Gestaltung des Alltags sind auch in den wöchentlichen Hausversammlungen sowie im regelmäßigen Gesprächskreis mit der Geschäftsführung und im Qualitätsmanagement mit Mitarbeitern und Angehörigen erwünscht. 

Genesung wird nicht definiert als Symptomfreiheit, sondern als ein konstruktives Leben-Lernen mit der Erkrankung: Erlernen von Selbstbefähigung, Selbsthilfe und Übernahme von maximal möglicher Eigenverantwortung.

Unsere an Empowerment orientierte Arbeitshaltung bedeutet, mit dem Betroffenen zu verhandeln, Konflikte mit ihm einzugehen und gemeinsam zu bewältigen und eine gemeinsame Lösung zu finden.

Denn: Jede psychische Erkrankung ist individuell und muss nicht automatisch eine bleibende Handlungsunfähigkeit bedeuten!

Nur allzu schnell begeben sich Betroffene, die in jahrelanger psychiatrischer Behandlung waren, bei einfachsten Anforderungen in die Rolle des Kranken und wirken an der Festlegung ihres Selbst- und Fremdbildes (Stigmatisierung) als lebenspraktisch handlungsunfähiger psychisch Erkrankter – ungewollt – mit. Die Bezugsbetreuung hat die Aufgabe, Mut und Hoffnung zu vermitteln und gleichzeitig sensibel den nötigen individuellen „Druck“ auszuüben, um den Bewohner selber mehr aktiv und eigenverantwortlich werden zu lassen und seinem Ziel näher zu bringen:

mehr Teilhabe, mehr Selbstbestimmung, mehr Eigenverantwortung und die wichtigste Erfahrung, dass er mehr Gesundheit zurückerobern kann, als er oftmals glaubt!

Die Johanneshäuser sind -  auf Grundlage dieser vergleichsweise neuen und zunehmend nachweislich erfolgreichen sozialpsychiatrischen Arbeitshaltung – erfolgreich in der Vorbereitung von chronisch psychisch kranken Menschen auf ein selbstbestimmtes Leben in einer eigenen Wohnung oder einer Wohngemeinschaft.

Der Auszug vieler Bewohner der Johanneshäuser in eine eigene Wohnung mit vergleichsweise wenig Unterstützungsbedarf bestätigt dies.